holyEATS #14: Coca Cola vergrößert mit Costa sein Hauptproblem, Jamie Oliver ratlos, DoorDash und die Lieferessen-Flatrate

holyEATS #14: Coca Cola vergrößert mit Costa sein Hauptproblem, Jamie Oliver ratlos, DoorDash und die Lieferessen-Flatrate

Foto: Costa
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Funktioniert sowas wie Amazon Prime auch für Lieferessen? Mal ausprobieren.

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Das Costa eine ganze Menge, Coca Cola!

Genau 3,9 Milliarden britische Pfund (4,35 Milliarden Euro) macht Softdrinkgigant Coca Cola locker, um die Kaffeekette Costa vom britischen Mischkonzern Whitbread zu übernehmen. Vieles spricht dafür, dass es sich dabei um einen Panikkauf handelt. Der Preis, den die Amerikaner zu zahlen bereit sind, liegt deutlich über dem Wert, den Costa nach der von Whitbread bereits angekündigten Abspaltung vom Hauptgeschäft hätte erzielen können; Bloomberg meldet zudem, dass die Übernahmegespräche erst im Juni begonnen hätten.

Offensichtlich ist man in Atlanta wegen der Marktverschiebungen der vergangenen Monate ziemlich nervös geworden. Nestlé kooperiert mit Starbucks; JAB kauft sich ein Kaffeeimperium zusammen (siehe holyEATS #8) und hat den Softdrinkhersteller Dr. Pepper Snapple übernommen; Wettbewerber Pepsi Co. schnappt sich Sodastream. Gut möglich, dass Coca Cola es bei Costa auch deshalb so eilig hatte (und entsprechend spendabel war), um keinen Konkurrenten zum Zug kommen zu lassen.

Mit Costa verfügt der Konzern künftig erstmals über 3.800 eigene Filialen in 32 Ländern. Die sind allerdings ziemlich ungleich verteilt. (Die Mehrheit der Shops befindet sich in Großbritannien, in Deutschland öffnet im Oktober am Berliner Hauptbahnhof erst die zweite Costa-Filiale.)

Die Frage ist nicht nur: Kann Coca Cola das überhaupt – Ladenbesitzer? Sondern auch: Was sagt wohl die Kundschaft dazu?

Im Januar erschien im „Guardian“ ein großer Text über den jahrelang ungebremsten Aufstieg von Costa. Als einen der zentralen Erfolgsfaktoren listete die Zeitung auf, dass es die Kette (trotz ihrer originär italienischer Wurzeln) sehr viel besser verstehe, den britischen Mainstream-Kaffeegeschmack zu bedienen als die verpönten Amerikaner (lies: Starbucks). Dieses Verständnis scheint aber gerade an seine Grenzen zu geraten. Seit dem vergangenen Jahr sinken bei Costa zum ersten Mal die Umsätze. Whitbread erklärte das bislang einerseits mit der Konsumzurückhaltung der Briten vor dem Brexit – und andererseits damit, dass die Leute seltener zum Einkaufen in die Stadt kommen und weniger Kaffee trinken, weil sie soviel online bestellen. (Also quasi das Gegenteil von Argument Nummer eins.)

Dabei passt die spontane Allianz ganz gut. Nüchtern betrachtet sind sich Coca Cola und Costa ziemlich ähnlich. Sie teilen den Anspruch, möglichst überall zu sein, um Kunden jederzeit die Möglichkeit zu geben, eine kühle Zuckerlimonade oder ein dem Massengeschmack entsprechendes Heißgetränk genießen zu können. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich viele (vor allem jüngere) Kunden nach Alternativen sehnen. Sie kaufen Erfrischungsgetränke kleinerer Hersteller, die weniger süß sind, verzichten dankend auf kaputtgerösteten Bitterkaffee in riesigen Milchschalen, und gehen lieber in unabhängige Cafés.

Sagen wir’s so: Mit Costa vergrößert Coca Cola nicht nur seinen weltweiten Einfluss im Markt für Getränke und Snacks. Sondern auch eines seiner zentralen Probleme.


Jamie Oliver weiß auch nicht so genau

Der „Financial Times“ hat Sterne-Fernsehkoch Jamie Oliver in der vergangenen Woche exklusiv erklärt, wie er im Vorjahr kurz davor stand, Ex-Restaurantkettenbesitzer zu werden. Olivers Unternehmen „Jamie’s Italian“ hatte in den vergangenen Monaten zahlreiche Filialen in Großbritannien schließen müssen. (Die mehrfach geplante und wieder verschobene Expansion nach Deutschland darf man auch als nicht ganz unkompliziert bezeichnen.) Das Unternehmen stand offensichtlich kurz vor der Pleite. Wie genau das passieren konnte, weiß der 43-Jährige auch nicht („People supposed to manage that stuff should manage that stuff.”)

Aber vielleicht liegt das Problem auch gar nicht nur darin, dass Briten weniger Geld fürs Essengehen ausgeben und gleichzeitig die Mieten für gute Restaurant-Lagen steigen.

Sondern auch daran, dass es inzwischen sehr viel bessere Möglichkeiten gibt, leckeres italienisches Essen zu genießen, ohne dafür in Läden zu gehen, die absurde Preise für Pasta mit ein bisschen Mozzarella verlangen, weil ein hauptberuflicher Selbstvermarkter seinen Namen vornedran gepappt hat und annimmt, der Rest regele sich von alleine. Dass der „Guardian“ gerade erklärt, weshalb sich die Zeit des Promi-TV-Kochs dem Ende zuneigt, passt prima dazu.


Funktioniert das Prime-Prinzip mit Lieferessen?

Bislang sind es Kunden von Diensten wie Grubhub und DoorDash in den USA bzw. Deliveroo und Foodora in Deutschland gewöhnt, eine feste Liefergebühr dafür zu zahlen, dass sie Bestellessen aus Restaurants ohne eigenen Lieferservice nachhause gebracht kriegen. Bei UberEats betrug diese Gebühr 4,99 Dollar – bis vor einem Monat.

Inzwischen hat der Uber-Ableger sein Modell umgestellt und verlangt Lieferkosten, deren Höhe von der Entfernung des Restaurants zum Kunden abhängt. Für die Pizza vom Italiener um die Ecke werden zwischen 2 und 3 Dollar berechnet; wer die Tacos aus dem hippen Laden vom anderen Ende der Stadt haben möchte, zahlt zwischen 6 und 8 Dollar. Für viele Restaurants könnte sich die Zahl der Bestellungen dadurch massiv verschieben – weil ihre Lage künftig (wieder) genauso ausschlaggebend ist wie das angebotene Essen. Zum Beispiel, wenn Kunden darauf kommen, dass der Burger aus dem Laden um die Ecke auch ganz ok ist, wenn man für die gesparte Liefergebühr noch ein Eis als Nachtisch dazu bestellen kann.

DoorDash steuert derweil in die entgegengesetzte Richtung. Anfang August hat das Unternehmen (das sich gerade kaum vor neuen Investitionen retten kann) die Einführung des „DashPass“ angekündigt: Für monatlich 9,99 Euro können DashPass-Abonnenten aus „hunderten“ von Restaurants in ihrer Nähe kostenlos essen nachhause bestellen, wenn sie mindestens 15 Dollar ausgeben.

Wie genau DoorDash das eingrenzt, verrät das Unternehmen nicht, verspricht aber, dass lokale Restaurants ebenso zur Bestellauswahl gehören wie Filialen nationaler Ketten. Wer dabei ist, können Kunden am DashPass-Symbol in ihrer App erkennen. Kündigen ist jederzeit möglich. Und in ein paar Monaten wissen wir vermutlich, ob ein Programm wie Amazons Prime auch in der Lieferessenbranche funktionieren kann.


Five Guys brät sich an den Ku’damm, GBK wackelt

Die Begeisterung von Fast-Food-Liebhabern für die aufstrebende amerikanische Burgerkette Five Guys kann ich zwar nicht so recht nachvollziehen, gehöre damit aber wissentlich zu einer Minderheit. Meint zumindest Five Guys, und startet nach der Eröffnung der ersten deutschen Restaurants in Essen und Frankfurt demnächst auch in München und Berlin, dort gleich doppelt: einmal im Tourististan des neuen Mercedes-Benz-Platzes an der gleichnamigen Arena im Osten der Stadt, einmal im Westen an der Ecke Kurfürstendamm/Joachimsthaler Straße. Gut, die Ecke ist schon ganz andere Restaurant-Designdesaster gewöhnt und dürfte entsprechend immunisiert sein.

In Großbritannien strauchelt derweil die nächste Fast-Casual-Burgerkette: Gourmet Burger Kitchen hat sich wohl bei der Expansion übernommen, weiß Eater.


Nachschlag

Freitagabend im Vapiano am Kölner Mediapark. Nach dem Check-in mit der Vapiano-App („Dieser Code ist deine Chipkarte im Vapiano“) am gut versteckten Check-in-Scanner habe ich Teuflisches vor: (schon wieder!) am „Order Point“ bestellen, dem riesigen Touchscreen hinterm Eingang. Viermal bricht der Vorgang ab, weil der Scanner den QR-Code – trotz hochgeregelter Displayhelligkeit – nicht erkennen will. Der Mitarbeiter am Empfangstresen ist ratlos. Ein zweiter entschuldigt sich und meint, die Technik sei „noch nicht ausgereift“.

Weil das Essen in Köln (dem neuen Zentralsitz der Schnellnudelkette) mit der App noch nicht an den Tisch bestellt werden kann, stattdessen also reguläres Anstehen an der Pastatstation. Nudeln bestellt, gekocht – aber auch der Scanner an der Station kann die „digitale Vapiano-Chipkarte“ nicht lesen. Die Vapianistin wird nervös, ruft bei den Kollegen nach jemandem, der entscheiden muss, was passieren soll. Hinter mir stauen sich die Gäste, es kann nicht weitergekocht werden. Neue Scan-Versuche, vergeblich.

Für einen Moment das Gefühl, dass gleich irgendwo jemand in Panik ausbricht – bis ein kundiger Mitarbeiter die rettende Idee hat und ein zusammengeknülltes Küchentuch über den Tresen reicht: Bitte einmal über die Fettspritzer-belastete Scanner-Glasplatte wischen. Getan, gescannt, geklappt.

Wie hat Vapiano-CEO Jochen Halfmann neulich so schön gesagt? „Die Digitalisierung hilft (…), den Umsatz pro Gast zu erhöhen.“ Sofern Vapiano es irgendwann mal hinkriegt, sie funktionieren zu lassen.

Ich bin nochmal unterwegs, die nächste holyEATS-Ausgabe erscheint deshalb voraussichtlich Ende September.

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