holyEATS #55: Stadtsalat und die Idee vom möglichst nachhaltig produzierten Liefersalat

holyEATS #55: Stadtsalat und die Idee vom möglichst nachhaltig produzierten Liefersalat

Foto: Stadtsalat
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Da haben wir den Salat: Bio, regional und fertig zubereitet nachhause an die Tür gebracht.

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Es lässt sich unmöglich leugnen: Der ernährungsphysiologische Teil des Märchens vom Schlaraffenland ist im Jahr 2020 einfach nicht mehr zeitgemäß. Wäre ja noch schöner, wenn einem einfach so ungefragt gebratene Tauben in den zufällig geöffneten Mund fliegen würden; Zäune aus Bratwürsten wären ein unverschämtes Bollwerk gegen den Veganismus; und wie verhält es sich bitteschön mit der Tierwohlkennzeichnung bei von Bäumen herabhängenden Schinken?

Eine knackfrische Salat- und Gemüseschale mit regionalen Zutaten und viel Bio, fertig angerichtet und verzehrbereit nachhause an die Tür gebracht – die entspräche heutzutage viel eher einer zeitgemäßen Bequemlichkeitsutopie! Oder wie Marcus Berg, Gründer des Hamburger Liefersalatanbieters Stadtsalat, sagt: Tagesgeschäft.

Mehrere tausend Gerichte transportieren die von Berg und seinem Co-Gründer Tom Smets beschäftigten Kurierfahrer:innen derzeit täglich. Nicht nur am Gründungsort Hamburg, sondern auch in Berlin, Frankfurt am Main und – wenn alles gut geht – demnächst in weiteren deutschen Städten. Ssamjang Tofu Bowl mit gebranntem Weißkohl, Rote Beete und Karotte-Chili-Dressing; Havelland Beef Bowl mit Rucola, Parmesan und Kirschtomaten; Marvelous Meze mit Curry-Blumenkohl, Humus und Granatapfel. 60 Prozent der Zutaten sind regional, 30 Prozent aus Deutschland, immer mehr davon in Bio-Qualität.

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I. Die Idee: Salat? Aus dem Internet?

„STADTSALAT soll kein explizit ökologisches oder weltverbesserisches Image haben“, sagt Berg. „Die Grundfrage lautet eher: Was ist für unsere Gesellschaft – gesundheitlich, ökologisch und ökonomisch – die sinnvollste Variante, sich zu ernähren? Darauf versuchen wir bestmöglich zu antworten.“ Das scheint bislang ganz gut zu funktionieren: In Hamburg werden täglich regelmäßig mehr als 1.000 Gerichte zubereitet. Neue Standorte sind für Kapazitäten zwischen 2.500 und 4.000 Gerichten geplant. 60 Prozent der Bestellungen gehen im Mittagsgeschäft raus. Der durchschnittliche Warenkorbwert liegt bei 28 Euro, mittags ist der Schnitt etwas höher als abends. Neue Gäste kommen hauptsächlich über Social-Media-Kanäle; das macht hohe Ausgaben für klassische Werbung unnötig.

Jeden Monat probieren (ebenfalls in Hamburg) bis zu 1.500 neue Kund:innen das Stadtsalat-Angebot aus, das im Kern nicht nur aus einem gesunden Essen mit frischen, oft überraschend miteinander kombinierten Zutaten besteht. Sondern eben auch aus dem Versprechen, es dorthin gebracht zu kriegen, wo es verzehrt werden soll: nachhause, ins Büro, im Zweifel auch schlaraffenlandartig unter einen Baum im Park. (Nur der Verzehr müsste noch eigenmächtig erfolgen.)

Entstanden ist die Idee zur vielleicht ersten Delivery- und Pick-up-Marke der deutschen Fast-Casual-Systemgastronomie vor sechs Jahren eher zufällig. Mit ihrer gemeinsam betriebenen Digitalagentur hatten sich Berg und Smets darauf spezialisiert, neue Konzepte möglichst schnell im Markt zu testen, um zu entscheiden, ob sie sich in großem Stil umzusetzen lohnen. (Also so ziemlich das Gegenteil von dem, wie hierzulande sonst Innovation versucht wird.) Deshalb dauerte es im Herbst 2014 nur ein paar Tage, bis unter der noch freien Adresse salat.hamburg ein neuer Lieferservice online war und mittags aus der 12-Quadratmeter-Untermietküche einer Cocktail-Bar die ersten Salate ausgeliefert wurden. „Zu Beginn wollten wir wissen: Gibt es Menschen, die Lust haben, ihren Salat online zu bestellen – oder nicht?“, sagt Berg. „Das war damals vor allem als Showcase für unsere Agentur gedacht. Aber die Resonanz auf das Projekt war so gut, dass wir einen zweiten Test hinterher geschoben haben und im März 2015 offiziell mit STADTSALAT gestartet sind.“

Ehemaliger Stadtsalat-Lieferhub in Hamburg; Foto: holyEATS

Dann glücklicherweise auf ein paar Quadratmetern mehr, im Souterrain eines Wohnhauses im Hamburger Grindelviertel, das bis vor wenigen Wochen die Heimatbasis des jungen Unternehmens war – und gleichzeitig vermutlich die erste Ghost Kitchen Deutschlands, lange bevor in den USA irgendjemand eingefallen ist, Lieferküchen ohne Vor-Ort-Verzehrmöglichkeit für Gäste so zu taufen. Draußen auf dem Ladenschild stand „Lieferhub West“ unterm Logo, um Passant:innen zu signalisieren, dass hier keine gewöhnliche Gastronomie untergeschlüpft ist. Und um schon mal augenzwinkernd das Salatimperium anzuteasern, das mit voranschreitendem Erfolg des Konzepts nun tatsächlich in die Praxis umgesetzt werden kann. Nicht mehr als reiner Lieferservice, sondern mit Flagship-Stores in größeren Städten, finanziert u.a. mit Unterstützung zweier Business Angels aus dem Hamburger Umfeld der Gründer.


II. Das Konzept: Gesunde Schnellgastronomie

Mit seinem Konzept passt Stadtsalat hervorragend in eine Zeit, in der endgültig mit dem Vorurteil aufgeräumt wird, Schnellgastronomie müsse automatisch heiß, fettig und ungesund sein. Zahlreiche Gründer:innen, von denen viele vorher keinerlei Berührungspunkte mit der klassischen Gastronomie hatten, beweisen derzeit mit neuen Formaten eindrucksvoll das Gegenteil (siehe dazu auch das Haferkater-Porträt in holyEATS #38). Berg und Smets haben Stadtsalat so konzipiert, dass Produktvielfalt, Technologie und Logistik ineinander greifen – um Mahlzeiten anzubieten, die im besten Sinne des Wortes convenient sind. Und trotzdem nachhaltig, ohne damit fahnenschwenkend aus dem Öko-Idyll heraus gelaufen zu kommen.

„Unser Ziel ist, Produkte aus Regionen abzunehmen, die dort gut angebaut und effizient transportiert werden können“, erklärt Berg. Alle Rezepte für die Bowls und Salate werden selbst entwickelt; viele Stadtsalat-Köch:innen bringen Erfahrung aus dem Fine Dining mit (und schätzen laut Berg die Gelegenheit, ihren Beruf zu sehr viel familienfreundlicheren Arbeitszeiten ausüben zu können). Sämtliche tierischen Produkte sollen – wie das Hähnchen von der Biomanufaktur Havelland aus dem Brandenburger Umland – künftig in Bio-Qualität angeboten werden. Viele Gerichte sind vegetarisch oder vegan. (Auch wenn sich das mit der aktuellen Karte ein Stück weit verschoben zu haben scheint.) „Wir wollen Globalisierung nicht per se verteufeln. Aber wir glauben, dass sie an vielen Punkten keinen Sinn ergibt. Aktuell lässt sich ja gut beobachten, wie schnell komplexe Lieferketten [wegen Corona] zusammenbrechen können.“

Das heißt im Zweifel aber auch: Gerichte, die eigentlich gut gehen, zu verändern und zum Beispiel Avocado durch Erbsen-Guacamole zu ersetzen, weil die eine bessere CO2-Bilanz hat. Oder Favoriten sogar ganz einzustellen: „Wir haben uns entschieden, den ‚Hamburg Supreme‘-Salat, der sehr oft bestellt wurde, aus dem Angebot zu nehmen, weil Garnelen als Zutat nur schwer mit unseren Werten und Zielen vereinbar sind“, erklärt Berg. „Manche Gäste haben deshalb enttäuscht reagiert – aber viele verstehen die Entscheidung, wenn wir sie erklären. Kund:innen, die regelmäßig bei uns bestellen, stehen in der Regel auch hinter der Vision von STADTSALAT.“

Die hat freilich auch ihren Preis: Zwischen 10 und 16 Euro kosten Bowls und Salate. Berg argumentiert: „Unser Fokus war immer die Qualität der Gerichte. Der Preis ist für uns kein Hauptargument, um Kund:innen zu gewinnen. Wir überlegen derzeit eher, Produkte einzuführen, die deutlich oberhalb der 20-Euro-Grenze liegen.“ Dass viele Kund:innen bereit sind, doppelt soviel für ihr Lunch auszugeben wie in der nächstgelegenen Fast-Food-Bude, liegt freilich auch daran, dass das Essen auf Wunsch zu ihnen kommt. Ab einem Bestellwert von 15 Euro ist die Lieferung kostenlos. Und die Anzahl derjenigen, die unterhalb dieses Werts ordert, vernachlässigbar. „Die Liefergebühr trägt nur marginal zu unseren Umsätzen bei, etwa 0,5 Prozent“, sagt Berg.


III. Die Logistik: Saurer Apfel letzte Meile

Bei Stadtsalat ist auch der Weg schon Teil des Ziels – und die dahinter liegende Logistik eine der größten Herausforderungen. Dafür haben die Hamburger ein eigenes Netzwerk aus Fahrer:innen aufgebaut, die Bestellungen klimaneutral per Rad transportieren und festangestellt beschäftigt werden. „Unsere Arbeitsthese war von vornherein, dass das Außer-Haus-Geschäft in der Gastronomie in Zukunft nicht nur auf Plattformen von Aggregatoren passieren wird, sondern dass es viele Anbieter dazwischen geben kann“, sagt Berg. „Für uns ist entscheidend, dass wir die Beziehung zu unseren Kund:innen vollständig selbst kontrollieren können, um dadurch ein Gesamterlebnis herzustellen.“ Deshalb sei Stadtsalat als vertikal integriertes Konzept angelegt. Und das bedeutet: auch in den sauren Apfel zu beißen, die Lieferung zu den Kund:innen selbst zu organisieren.

In der Vergangenheit hat Stadtsalat mit Lieferpartnern wie Foodora und Deliveroo zusammengearbeitet. Heute werden immer noch vereinzelt Bestellungen über Lieferando ausgefahren. Aber die Zahl schrumpft. Im Mai machten Lieferungen über Third-Party-Plattformen etwa 1,5 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Anders als viele Gastronom:innen ohne eigene Zustelllogistik können die Hamburger selbst steuern, wie schnell die Lieferung geht. Und das sollen die Kund:innen auch merken. Die Fahrer:innen sind nicht mit knallbunten Quadratrucksäcken auf quietschigen E-Bikes unterwegs; sondern in schwarz-weißer Kuriermontur mit „Ninja Bags“ aus der Hamburger Zelt- und Segelmacherei Albrecht von Bremen. „Wir wollen auf keinen Fall so aussehen wie die großen Lieferplattformen“, sagt Berg.

Um die Last-Mile-Delivery, die auch den Großen der Branche Kopfzerbrechen bereitet, selbst zu stemmen und übliche Kund:innenbeschwerden zu vermeiden, waren zwei Prämissen notwendig. Die erste liegt auf der Hand: Wenn keine warmen Gerichte geliefert werden, wird auch nix kalt. Die zweite ist die bestmögliche Planung der Touren. Berg erklärt das genauer: „Dadurch, dass wir das Thema Temperatur aus dem Prozess herausgelöst haben, ist Last-Mile-Delivery für uns wirtschaftlich abbildbar geworden.“ Bestellungen werden kombiniert und in einem sehr viel größeren Gebiet ausgeliefert als bei anderen. „Teilweise sind unsere Fahrer:innen mit bis zu acht Bestellungen auf einer Tour unterwegs. Der Durchschnitt liegt in Hamburg derzeit bei 3,5 Bestellungen. Dadurch erreichen wir im Mittagsgeschäft vier Drop-Offs pro Stunde und können sehr viel günstiger liefern als es manchem Wettbewerber möglich ist.“ Hohe Warenkörbe tragen dazu bei, dass die Lieferkosten pro Zustellung sinken.

Das sorge wiederum für höhere Effizienz in der Küche, ermögliche Investitionen in gut ausgebildetes Personal und Ausstattung. Wodurch sich eine größere Zutatenvielfalt mit besser gegarten Produkten ergebe, meint Berg: „Das bringt uns neue Stammkund:innen. So können wir kontinuierlich weiter wachsen.“


IV. Die Restaurants: Mitten in der Stadt

Jaja, Drop-Off und Last Mile: Früher ist man noch in Restaurants gegangen und hat sich da zum Essen hingesetzt! Aber erstens wissen das natürlich auch die Liefer- und Logistikspezialisten von Stadtsalat. Und zweitens: Corona.

Stadtsalat-Store in Berlin; Foto: Stadtsalat

Fangen wir lieber mit erstens an. Im August des vergangenen Jahres hat in Berlin das erste, fast klassisch aussehende Stadtsalat-Restaurant eröffnet, und zwar in unübersehbar prominenter Lage in der nördlichen Friedrichstraße am U-Bahnhof Oranienburger Tor. Dort lassen sich vorher online bestellte Gerichte entweder selbst abholen – oder, ganz altmodisch, direkt an Ort und Stelle verzehren. In klarem, schneeweißem Ambiente mit Blick auf die Zubereitungstheken. Mitte Februar folgte ein zweiter Laden, diesmal in Frankfurt am Main an der Bockenheimer Landstraße, um Mittagspäusler:innen aus den umliegenden Bürotürmen anzulocken. Und im Mai eröffnete in der Großen Theaterstraße die neue Stadtsalat-Basis in Hamburg, die erstmals auch in der Heimat Pick-up ermöglicht (bzw. – wie alle Stores – gleichzeitig als Lieferküche funktioniert).

„Wir achten bewusst auf ein sehr cleanes Design. Die Farbe soll über die von Natur aus bunten Zutaten in die Stores gebracht werden“, sagt Berg – und erklärt, das Unternehmen mit den Stores „für einen weiteren Absatzkanal“ öffnen zu wollen, um dadurch einen höheren Umsatz pro Standort zu erzielen. „Genau so wichtig ist aber die Möglichkeit, Laufkundschaft für STADTSALAT zu interessieren und die Stores für die Markenwahrnehmung zu nutzen.“

Foto: Stadtsalat

Mit den Restaurants demonstriert man auch, woher zumindest ein Teil der Inspiration für das Konzept stammt: In den USA ist es die Fast-Casual-Kette Sweetgreen, die ernährungsbewusste Stadtbewohner:innen in schnörkellos modern designten Läden mit frisch zubereiteten Salaten versorgt und dabei auch Pick-up und Delivery im Fokus hat (siehe holyEATS #44). Allen Ähnlichkeiten zum Trotz wirkt die Hamburger Übersetzung aber nicht wie eine Kopie, sondern beweist glücklicherweise eine klare Eigenständigkeit.

Auch die stationäre Präsenz hat ihre Grenzen. Berg sagt: „Wir zielen nicht auf absolute Top-Lagen in den Fußgängerzonen. Die typische Ecklage im Szenekiez käme als erster Standort in einer neuen Stadt auch eher nicht in Frage, höchstens als Ergänzung für eine Pick-up-Lösung.“ Das könnte relevant werden, sobald man über den selbst gesetzten Lieferradius von aktuell fünf Kilometern hinauswachsen will, um in Metropolen auch Kund:innen in weiter entfernten Stadtteilen zu beliefern. „Eine Stadt wie Berlin gäbe sicherlich drei bis vier STADTSALAT-Stores her“, meint Berg. Die dann aber natürlich nicht alle „Flagships“ wären. Der Vorteil reiner Abholläden: Personalkosten und Miete fielen vermutlich signifikant niedriger aus; dadurch kämen auch Standorte in Frage, an denen man mit deutlich geringeren Umsatzes auskäme. Also: vorausgesetzt, Corona sorgt nicht für weiteres Durcheinander.


V. Corona: Resistenz oder Risiko?

Nachdem das öffentliche Leben in Deutschland Mitte März gezwungenermaßen in den Pausenmodus überging, bekam das auch Stadtsalat zu spüren. Viele Angestellte wechselten aus Innenstadtbüros ins Home Office, die Bestellungen im Mittagsgeschäft gingen sukzessive zurück. „Wir haben die Läden relativ früh komplett auf Pick-up umgestellt“, sagt Berg. Das Erstaunliche ist: „Stand heute liefern wir mehr Bestellungen aus als vor der Krise. In den Stores erzielen wir zwei Drittel des vorherigen Umsatzes – alleine durch die Pick-up-Bestellungen.“ Berg und Smets haben ein Konzept entwickelt, das seiner Zeit in gewisser Weise voraus war – weil es von vornherein auf Delivery und Pick-up setzte. Und das die bargeldlose Zahlung (auch in den Stores) konsequent zum Standard gemacht hat. Viele klassische Gastronom:innen müssen sich in der Krise an all das erst mühsam gewöhnen.

Dieser Vorsprung macht Stadtsalat noch lange nicht Corona-unverwundbar. Welche Komplikationen es mit sich bringen kann, wenn Gerichte in der Systemgastronomie täglich aus frischen Zutaten hergestellt werden, musste die amerikanische Kette Chipotle in den vergangenen Jahren leidvoll erfahren: Bis heute versucht sich die Marke davon zu erholen, dass Gäste mit Norovirus-Infektionen zu kämpfen hatten, nachdem sie in Restaurants der Kette zum Essen waren. Durch Corona sind viele Kund:innen nun noch einmal zusätzlich sensibilisiert. Gründer Berg beruhigt: „Wir produzieren in unseren Stores ausschließlich in Kombigarern mit HACCP-konformen Temperaturlisten und nahezu alle Zutaten tagesfrisch, weswegen es kein großes Lagerrisikio gibt. Unser Qualitätsmanagement ist komplett digitalisiert, das Personal qualifiziert im Umgang mit frischten Lebensmitteln. All das hilft, hygienisch zu arbeiten und sichere Produkte für unsere Kund:innen herzustellen.“

Foto: Stadtsalat

Die Öffnung der Stores für den klassischen Restaurantbetrieb wolle man dennoch „eher zaghaft“ angehen, weil der Aufwand der zusätzlichen Hygienemaßnahmen vermutlich nicht wirtschaftlich sei. Wer will, kann seine Abhob-Bowl in Berlin und Frankfurt inzwischen aber wieder an Tischen vor den Restaurants verspeisen. Und dass die Sitzplätze drinnen erstmal leer bleiben, ist egal? „Wir mögen Pick-up“, sagt Berg, „weil wir durch die Online-Vorbestellung eine Kontaktmöglichkeit zu 100 Prozent unserer Kund:innen haben.“ Eine E-Mail-Adresse, um sich ab und an in Erinnerung rufen zu können, reicht schon.


VI. Die Zukunft: Neue Gerichte, neue Städte

Und wie geht’s für die junge Gastro-Marke jetzt weiter? Mit kontinuierlichem Experimentieren: Im Frühjahr konnten Kund:innen in Hamburg kurzzeitig frisch zubereitete Gerichte zum Aufwärmen in der heimischen Mikrowelle bestellen, u.a. Cauliflower Soup und Ratatouille Plates. „Wir glauben grundsätzlich daran, dass auch Hot Dishes zu STADTSALAT passen könnten“, sagt Berg. Das Feedback aus dem Test wolle man jetzt aber erstmal mit in die weitere Produktentwicklung nehmen. (In den USA hat Vorbild Sweetgreen derweil sein auf Abendessen fokussiertes Konzept „Plates“ gestartet – ebenfalls mit warmen Gerichten.)

Und dann ist da ja auch noch das Thema Verpackung, das – wenn nicht gerade Pandemie ist – in der Gastronomie zunehmend in den Vordergrund rückt. Recyclingfähig sind die Schalen, in denen die Gerichte geliefert werden, längst. Nach dem Verzehr des Inhalts aber trotzdem Müll. Berg sagt: „Wir denken intensiv über das Thema Mehrwegverpackungen nach und sind auch bereits in Gesprächen mit möglichen Partnern. In der Praxis ist das leider alles nicht ganz so einfach, insbesondere im Liefergeschäft.“

Zunächst einmal geht es darum, noch mehr Kund:innen für Stadtsalat zu gewinnen. 2020 werde man sehr wahrscheinlich in keiner weiteren Stadt neu eröffnen, sagt Berg. „Wir wollen aber mit denselben Zielen wie vor der Krise expandieren.“ Das heißt: 2021 kommen wahrscheinlich zwei bis drei Neueröffnungen in weiteren Metropolen dazu und eventuell weitere Standorte in Berlin, Hamburg und/oder Frankfurt. Ob es sich lohnen könnte, auch in mittelgroßen Städten zu starten, ist noch nicht abschließend entschieden. Nur eins steht fest: Die Bequemlichkeitsutopie des nachhaltig produzierten Liefersalats ist inzwischen Realität. Schlaraffenland kann seine Bratwurstzäune behalten.

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